Freiburg

Der Uwe meint, daß es in Freiburg ein Ghetto gibt. Das allein ist schon eine unvorstellbare Sache. Schlimmer noch: Die dortigen Bewohner sagen, so Uwe, solch gefährliche Dinge wie: »I schlitz di uff, von obe bis unde!«. Wer kann vor jemandem Angst kriegen, der so spricht?

Zwei gleichnamige Städte gibt´s, die ungefähr zur selben Zeit gegründet worden sein mögen. Ein unwiderleglicher Gelehrter bin ich nicht und will daher jedenfalls behutsam sein. Beide Städte heißen Freiburg. Eine liegt im Üchtland, innerhalb schweizerischer Eidgenossenschaft. Die andere liegt im Breisgau, d.h. im Badischen. Die Bezeichnungen Alemannien, Helvetien fallen mir hier ein. Ebenso Burgund usw. Alles dies führt ins Mittelalter, dessen Leistungen ich incroyablement hochachte. Es französelt hier ein bißchen; darf das aber füglich. Genf und Lausanne liegen ja ganz in der Nähe.

Freiburg ist so eine Fall für sich... wunderhübsch, a magic place und alles, aber eben auch furzklein und im hintersten letzten Eck dieser unserer Republik. Was soll man machen? Zur Montage gehen? Zum root down? Sich das Mountainbike klauen lassen? Oder doch mal wieder unvermittelt in den schwullesbischen Abend vom Jos Fritz platzen, weil man sich die Termine nicht merken kann?
Die Übersicht, die man über diese Städtchen bekommt, ist erschreckend und schaurig-schön und unvergleichlich.

Negro liebt Freiburg, weil er dort über Knaben, Magie, heimliche Reisen zum Merkur und vieles andere ernsthaft und offen reden kann. In und um Freiburg gibt es einige sogenannte Sprungstellen des gefalteten Universums. Daher die überraschenden Kenntnisse vieler Freiburger und Schwarzwälder. Daher die sonderbaren Figuren am Freiburger Münster. Im Innern des Turms sind Fernreisen zum Merkur möglich, allerdings nur für einen kurzen Quarantäne-Aufenthalt in einem dafür vorgesehenen Merkur-Turm. In Freiburg betrachtet man die Wasserrinnen an den Straßen und nimmt Brot, Wein und Schinken zu sich.

Wenn man mit dem Auto unterwegs sein will, haßt man Freiburg, weil´s da soviele Radikale, intolerante, nervige Radfahrer gibt, die nur demonstrieren wollen, das SIE hier den Ton angeben. Militante Radfahrer hab ich schon gesehen, in deren Augen zu lesen war: »ich fick dich, wenn du mir die Vorfahrt nimmst, ich bring dich in den Knast.«
In Freiburg gibts viele Öko´s , viele »Ach so Alternative« , »Wir sind ja auch politisch engagiert, und natürlich auch nicht gegen Frauen.«
Leute lernt man schnell kennen dort, aber nicht mehr als das Geblubbere. Freiburg liegt geil.
Da hat´s alles, von Rheinebenen bis hin zu halbalpinen Schwarzwaldlandschaften.
Da gibts viele furchtbar extrovertierte Tanztheaterhäßchen, aber es gibt auch keine rechte Szene. Alles in allem schön, aber nervig

Ich weiss nicht, wieso ich euch so hasse
Fahrradfahrer dieser Stadt
Ich bin alleine und ich weiss es
und ich find es sogar cool
und ihr demonstriert Verbrüderung

(Tocotronic, »Freiburg«)

Die nächsten zwei Strophen sind genau dasselbe, bloß mit Tanztheatern und Backgammonspielern dieser Stadt statt den Fahrradfahrern, und es ist ein Geniestreich. Immerhin kommt nicht mal das Wort »Freiburg« im Text vor.